11 Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit

< Holodomor - Vernichtung durch Hunger
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Der drohende Hungertod brachte jegliche menschliche Regung zum Verstummen, übrig blieben nur Instinkte. Dennoch fanden sich auch unter solchen Bedingungen diejenigen, die ihre Menschlichkeit und Empathie bewahrten und versuchten, das schlimmste Leid zu lindern.

Besonders hervorzuheben sind Frauen und Mütter, die, obwohl sie ihre eigene Familie retten mussten, auch noch Mittel und Wege fanden, denjenigen zu helfen, die noch hilfsbedürftiger waren.

Kinderlose Familien befanden sich in einer vergleichsweise besseren Lage, ebenso Familien, die Kühe besaßen. Die Milch wurde häufig nicht nur unter den eigenen Familienmitgliedern verteilt, sondern auch an bereits vom Hunger gezeichnete Nachbarn, die nichts mehr zum Essen hatten.

Solche, die vor diesem Chaos, also vor diesem endlosen Reigen aus Tod und Angst nicht zurückschreckten, ihre menschliche Würde nicht verloren und den Todgeweihten die Hand zur Hilfe reichten, gab es in allen Schichten der Bevölkerung, darunter waren Lehrer, Ärzte, Priester, sogar einige Bevollmächtigte oder Mit-glieder von Schleppbrigaden.

Erwähnenswert sind auch die örtlichen Verantwortungsträger: Leiter der Kolchosen, Dorfgemeinden und Kolchosbrigaden, Unternehmens- und Schuldirektoren. Sie befanden sich zwischen dem Hammer des Hungers und dem Amboss der Repressionen. Viele taten ihr Möglichstes, um ihre Mitmenschen zu retten. Oft erwies sich jedoch eine solche Hilfe als verhängnisvoll für die Führungskräfte selbst. Hilfe für die Hungernden versuchten auch Ukrainer von jenseits der Grenzen der Ukrainischen SSR zu leisten. Vor allem aus der Westukraine, die zu dieser Zeit zum polnischen Staat gehörte. Am 25. Juli 1933 veröffentlichte das Oberhaupt der Griechisch-Katholischen Kirche in der Westukraine, Metropolit Andrej Scheptyzkyj, seinen Appell „Die Ukraine im Todeskrampf“.

Am selben Tag gründeten 35 ukrainische öffentliche Institutionen in Lwiw das Ukrainische Bürgerkomitee zur Rettung der Ukraine, mit dem Ziel, die Hilfe zu koordinieren. Einwohner Galiziens und Wolhyniens sammelten Geld und bemühten sich, den Leiden-den Geld und Lebensmittel zu schicken.

Jedoch leugnete die Sowjetmacht die Hungersnot und lehnte jegliche ausländische Hilfe ab.

Daraufhin beschlossen die Ukrainer, auf andere Weise Hilfe zu leisten: Man versuchte, die öffentliche Meinung zu ändern und die Annahme von Hilfe zu er-zwingen. Geplant war, die Frage der Hungersnot vor den Völkerbund zu bringen und sich die Unterstützung des Internationalen Roten Kreuzes zu sichern, um auf diese Weise Druck auf die Sowjetunion ausüben zu können. Inoffizielle Botschafterin in dieser Mission wurde Milena Rudnyzka, die Vorsitzende des Bundes der Ukrainerinnen in Lwiw. Ihr gelang es, die Unter-stützung des Vorsitzenden des Rates des Völkerbundes, den Premierminister und Außenminister Norwegens, Doktor Johan Ludwig Mowinckel, zu gewinnen. Er setzte die ukrainische Frage auf die Tagesordnung des Rates des Völkerbundes und bezog das Rote Kreuz mit ein. Dennoch blockierte die Sowjetunion weiterhin die Hilfeleistungen für die vom Hungertod bedrohten Ukrainer.

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Quelle

Broschüre des Ukrainischen Instituts für Nationales Gedenken