Der Holodomor war ein Genozid - Völkermord


Am 9. Dezember 1948 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Völkermord-Konvention. Die Sowjetukraine unterzeichnete das Dokument 1949 und ratifizierte es 1954.

"Artikel II" des Übereinkommens besagt:

"In dieser Konvention bezeichnet Völkermord jede der folgenden Handlungen, die mit der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:

(a) Das Töten von Mitgliedern der Gruppe; b) schwere körperliche oder geistige Schäden für die Mitglieder der Gruppe verursachen; (c) absichtlich die Lebensbedingungen einer Gemeinschaft beeinflussen, die zur Absicht hatten, ihre physische Zerstörung ganz oder teilweise zu bewirken; d) Erlass von Maßnahmen zur Verhinderung von Geburten innerhalb der Gruppe; (e) Gewaltsame Wegnahme von Kindern der Gruppe und Übergabe an eine andere Gruppe."

Raphael Lemkin, der Autor des Wortes "Völkermord" und Initiator der Völkermord-Konvention, nannte "die Zerstörung der ukrainischen Nation" - "ein klassisches Beispiel für den Völkermord". In Übereinstimmung mit der UN-Konvention betrachtete Lemkin die folgenden Punkte als integralen Bestandteil des Völkermords an den Ukrainern: den Hunger der ukrainischen Bauern, die Vernichtung der ukrainischen Intelligenzija und die Beseitigung der ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche.

In der Ukraine war der erste Rechtsakt, der den Völkermord qualifizierte, das Gesetz "Über den Holodomor von 1932 - 1933 in der Ukraine", welches vom Parlament am 28. November 2006 verabschiedet wurde. In Artikel 1 dieses Dokuments heißt es: "Der Holodomor 1932 - 1933 in der Ukraine ist ein Akt des Völkermords am ukrainischen Volk." Das Gesetz wurde zur politischen und rechtlichen Grundlage für eine groß angelegte offizielle Untersuchung des Verbrechens des Völkermords in der Ukraine in den Jahren 1932 - 1933.

Der ukrainische SBU (Sicherheitsdienst) berücksichtigte sich während der strafrechtlichen Untersuchung sowohl Normen der nationalen Gesetzgebung also auch diejnigen internationale Verträgen, die gemäß Art. 9 der ukrainischen Verfassung und Art. 3 des Strafgesetzbuches der Ukraine Teil des Strafrechts sind. Neben dem UN-Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 , geht es auch um um internationale Rechtsakte, wie die Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 und die UN-Konvention "Über die Nichtanwendung gesetzlicher Beschränkungen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vom 26. November 1968.

Während der Untersuchung wurde nachgewiesen, dass die Führung der Sowjetunion die 'Absicht' hatte, die ukrainische Nation zu zerstören, was als vorrangiger Beweis für den völkermörderischen Charakter des Verbrechens anzusehen ist. Die Schlussfolgerung über das Bestehen eines Vorsatzes zum Völkermord, und das Bewusstsein dafür kann aus den entsprechenden Fakten und Umständen gezogen werden. Diese Absicht muss in Dokumenten oder mündlichen Äußerungen in öffentlichen Reden nicht unbedingt klar zum Ausdruck gebracht worden sein. Die Feststellung kann basierend auf den Fakten und Umständen der Straftat erfolgen.

Die Analyse der Handlungen der sowjetischen Führer ermöglicht es, eine Reihe von Beweisen aufdecken, die eine Absicht beweisen, einen Teil der ukrainischen Nation zu zerstören:

  • den ukrainischen Bauern wurde verboten, die von der von Hungersnot betroffenen Gebiete zu verlassen. (Militäreinheiten und Einheiten des GPU waren an den Grenzen der UdSSR und an Bahnhöfen stationiert. Gemäß dem Dekret vom 22. Januar 1933 waren die Behörden verpflichtet, "den Massenexodus von Bauern aus dem Nordkaukasus in andere Länder zu verhindern und die Reise an die Grenzen aus der Ukraine zu verhindern. " und ebenfalls den " Massenexodus aus der Ukraine in andere Länder und die Einreise aus dem Nordkaukasus in die Ukraine. "Die Ukrainer wurden im Hungergebiet blockiert und jeglicher Chancen auf Flucht beraubt.
  • Die Leiter der örtlichen Verwaltung, die versuchten, den hungernden Bauern durch Zuteilung von Lebensmitteln aus dem Bestand der Kolchosen zu helfen, wurden massiv repressiert;
  • während Ukrainer in Massen starben, wurden große Mengen Getreide, die nicht zur Rettung der hungernden Ukraine verwendet wurden, in den staatlichen Reserven gelagert, und die UdSSR exportierte zur selben Zeit aktiv ukrainisches Getreide.
  • Die sowjetischen Behörden verweigerten internationale Hilfeleistungen und bestreitten den Hunger in der Ukraine.
  • Ab der zweiten Hälfte des Jahres 1933 und Anfang des Jahres 1934 ging die Sterblichkeit in der Ukraine zurück. Dies war auf die Verabschiedung einer Reihe von Vorschriften zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Kollektivbetrieben zurückzuführen. Ausschlaggebend für die Beendigung der Hungersnot war die Abschaffung des alten Getreidesystems. Mit diesen Aktionen demonstrierte das Regime seine Fähigkeit, den Hunger zu kontrollieren.

Im Gerichtsurteil wurde festgestellt, dass der Holodomor von 1932 bis 1933 in der Ukraine:

  • geplant war, um die ukrainische nationale Befreiungsbewegung zu unterdrücken und die Errichtung eines unabhängigen ukrainischen Staates zu verhindern;
  • durchgeführt wurde, indem sämtliche Lebensmittel der ukrainischen Bauern gewaltsam beschlagnahmt wurden und ihnen der Zugang zu Nahrungsmitteln verwehrt wurde, d.h. künstlich Bedingungen geschaffen wurden, die zur physischen Vernichtung eines bestimmten Teils der ukrainischen Nation führten - der ukrainischen Bauernschaft (in der Ukraine waren zu dieser Zeit die überwiegende Mehrheit der Bauern Ukrainer und die überwiegende Mehrheit der Ukrainer Bauern);
  • Teil des Planes gegen einen Teil der ukrainischen Nation als solche durchgeführt wurde, da allein die ukrainische Nation, und nicht etwa die nationalen Minderheiten, Subjekt der staatsbildenden Selbstbestimmung war und nur sie das 1924 in der Verfassung der UdSSR verankerte Recht ausüben konnte, aus der UdSSR auszutreten und einen unabhängigen ukrainischen Staat zu gründen;
  • von der obersten Führung des parteisowjetischen kommunistischen Regimes organisiert wurde. Dabei war die Rolle von sieben Personen besonders wichtig, die aktiv an der Realisierung des Verbrechens beteiligt waren.

In der Entscheidung des Berufungsgerichts heißt es insbesondere: „Die Untersuchungsbehörde hat in vollem Umfang und umfassend die besondere Absicht von Stalin (Dzhugashvili) Y.V., Molotov (Skryabin) V.M., Kaganovich L.M., Postyshev P.P. festgestellt., Kosior S.V., Chubar V. Ya. und Khataevich M.M. - die Vernichtung eines Teils der ukrainischen (und keiner anderen) nationalen Gruppe, und es ist objektiv bewiesen, dass diese Absicht die ukrainische nationale Gruppe als solche betraf. “ . Das Berufungsgerichts legte besonderes Augenmerk auf die Frage der rückwirkenden Geltung von Art. 442 des Strafgesetzbuches der Ukraine. Gestützt auf die Bestimmungen von Art. 7 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 und Art. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1968 über die Nichtanwendbarkeit desselben bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stellte das Gericht fest, dass es „keine gesetzlichen Hinderungsgründe für die Anwendung von Punkt 1 des Art. 442 des Strafgesetzbuches gibt. 442 des Strafgesetzbuches der Ukraine im Rückblick “ bezüglich der Handlungen von Personen, die das Verbrechen des Völkermords von 1932-1933 in der Ukraine begangen haben.

Der in der Ukraine zwischen 1932 und 1933 begangene Völkermord wird bestätigt durch:

  • 3456 Dokumente, die von Behörden und der Kommunistischen Partei freigegeben wurden, einschließlich der von Stalin J.V. unterzeichneten Dokumente;
  • 3186 Büchern mit Registrierungen von Sterbeurkunden in den Jahren 1932-1933, die den Massentod der Bevölkerung durch die künstliche Hungersnot bestätigen;
  • das Zeugnis von 1730 Zeugen und Opfern der Verbrechen des totalitären Regimes;
  • 857 Massengräbern, in denen die Opfer des Völkermordes beigesetzt sind;
  • 735 Siedlungen, Kollektivwirtschaften, Dorfräte und Bezirke der Ukraine, in denen das Regime die Praktik der "Schwarzen Listen" einführte;
  • 400 vom Sektoralen Staatsarchiv des SBU gefundene und freigegebene Dokumente, die die Organisation der künstlichen Hungersnot durch die Behörden bestätigen;
  • Archivdokumente von diplomatischen Vertretungen im Ausland;
  • Archivdokumente, aus denen die Massenmigration ethnischer Russen in die Ukraine hervorgeht;
  • Fotodokumente, die die tragischen Ereignisse des Holodomor festhalten.

Im Rahmen ihrer bilateralen und multilateralen Aktivitäten tritt die Ukraine dafür ein, die historische Wahrheit ans Licht zu bringen und die Würdigung durch die internationale Gemeinschaft zu erreichen, zum Gedenken an die Millionen Ukrainer, die vom stalinistischen Regime gezielt vernichtet wurden.

Das Problem der Leugnung des Holodomor-Verbrechens von 1932-1933 in der Ukraine als Ganzes zu leugnen oder die Weigerung, es als Genozid zu betrachten, ist, wie auch die Leugnung anderer Völkermordverbrechen, nicht neu.

Der größte Einwand gegen den Holodomor als Genozid ist heute von Russland, dem Nachfolger der Sowjetunion, zu vernehmen. Dieser Trend ist für die Bürger der Ukraine sehr alarmierend. Der Annexion der Krim und der russischen Aggression im Osten der Ukraine gingen Erklärungen der russischen Führung über das eine gemeinsame Volk von Russen und Ukrainern voraus, in denen die Ukrainer nicht als eigenständige Nation anerkannt wurden. All dies ruft bei den Ukrainern, als Überlebende des Völkermordes, große Beunruhigung hervor. Eine Welt, in der Totalitarismus auf die eine oder andere Weise fortbesteht, muss die Wahrheit über den Holodomor kennen, da dieses Wissen solche Tragödien in Zukunft vermeiden kann. Wie die Erfahrung der universellen Geschichte beweist, ist es ein äußerst gefährliches Phänomen, Völkermorde zu leugnen und zu ignorieren, was nicht ignoriert werden kann.

Quelle

Aus dem Ukrainischen übersetzt:
Holodomor Museum Kyjiw [1]