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400 Jahre Russifizierung der Ukraine

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Historische Exkurs

„Nationen sterben nicht an einem Infarkt. Zuerst nimmt man ihnen ihre Sprache…“ 

Lina Kostenko (ukrainische Schriftstellerin, Dissidentin)

1627 — Anordnung des russischen Zaren Michael alle Exemplare des in der Ukraine gedruckten Starovecki-Evangeliums zu verbrennen 1690 — Verurteilung und Kirchenbann der Moskauer Kircher für die neuen Schriften bedeutender ukrainischer Geistlicher 1720 — Anordnung des Zaren Peters I zum Verbot des Buchdrucks in ukrainischer Sprache; Entfernung ukrainischer Texte aus Kirchenbüchern 1729 — Anordnung des Zaren Peters II, Texte in Alt-Ukrainisch aus allen Beschlüssen und Verordnungen zu entfernen 1731—Anordnung der Zarin Anna Iwaniwna alle Bücher des alten ukrainischen Drucks zu entfernen und durch russische zu ersetzen. Geheimanordnung zur Behinderung von Ehen von Ukrainern mit Belarussen oder Polen und die Förderung von Ehen mit „Großrussen“ 1763 — Ukaz der (deutschen) Zarin Katharina II über das Verbot von Ukrainisch als Unterrichtsspache an der Mohyla-Akademie in (der ukrainischen Hauptstadt) Kyjiw 1769 — Verbot durch die Synode der russischen orthodoxen Kirch ukrainische Lehrbücher zu verwenden 1775 — Vernichtung des Zentrums des ukrainischen Kosakentums, der Saporoher Sitsch, Schließung ukrainischer Schulen 1832 — Neuausrichtung der Schulbildung in der rechtsufrigen Ukraine. Einführung allgemeingültiger imperialer Standards mit Russisch als Unterrichtssprache 1847—Zerschlagung der kyrillo-methodianischen Bruderschaft (Zusammenschluss ukrainischer Autoren und Intellektueller); Verbote und Verfolgung der ukrainischen Sprache und Kultur, Verbote der besten Werke ukrainischer Schriftsteller wie Schewtschenko, Kulisch, Kostomarow und anderen 1862 — Schließung von kostenfreien ukrainischen Sonntagsschulen für Erwachsene in dem von Russland kontrollierten Teil der Ukraine 1863 — Wajujew-Zirkular zum Verbot des Drucks ukrainischer Werke: „Es gibt keine eigenständige ukrainische Sprache. Es gab sie nie und es kann sie niemals geben.“ 1864 — Statut über „Grundschule“: Der Unterricht hat in russicher Sprache stattzufinden 1870 — Erklärung des russische Bildungsministers D. Tolstoj: „… das letztliche Ziel ist, durch Bildung die Russifizierung aller fremden Untertanen des russischen Reiches durchzusetzen.“ 1875 — Ukaz des Zaren Alexander II von Bad Ems zum Verbot des Buchdrucks jeglicher ukrainischsprachigen Literatur und des Imports ukrainischer szenischer Theaterstücke, des Verbots ukrainische Texte unter ukrainischen Liedern zu drucken. 1881 — Verbot von Ukrainisch an Volksschulen, Verbot des Gebrauchs von Ukrainisch in Predigten 1884 — Ukaz des Zaren Alexander III: Verbot der Aufführung ukrainischer Theaterstücke in allen „kleinrussischen“ Gouvernements. 1888 — Ukaz des Zaren Alexander III: Verbot des Gebrauchs von Ukrainisch in Ämtern und Verbot der Taufe mit ukrainischen Namen 1892 — Verbot der Übersetzung russischer Bücher ins Ukrainische 1895 — Verbot der Publikation von ukrainischen Kinderbüchern 1908 — Der russische Senat erklärt die ukrainische Kultur und Bildung als schädlich für das russische Reich 1910 — Die Regierung Stolypin ordnet die Schließung aller Kulturvereine, Verlage an und verbietet die Durchführung von Lektionen in ukrainischer Sprache und verbietet die Gründung jeglicher nicht-russischer Vereine und Gesellschaften 1914 — Verbot der Durchführung des 100-jährigen Jubiläums anlässlich der Geburt des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko 1914,1916 — Russifizierungs-Kampagnen in der Westukraine; Verbot des Ukrainischen in Wort, Bildung und Kirche… 1922 — Konstruktion der Theorie des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (Bolschewiki) über den Kulturkampf zwischen der städtischen (russischen) und der bäuerlichen (ukrainischen), in dem die russische zu siegen habe. 1926 — Brief von Stalin an Kaganowytsch und andere Mitglieder des Politbüros der Kommunistischen Partei, in dem der Kampf gegen „nationale Abweichler“ sanktioniert wird; Beginn der Verfolgung von Aktivisten der Ukrainisierung der Ukraine. 1933 — Höhepunkt der vom Sowjetregime organisierten künstlichen Hungersnot in der Ukraine: Telegramm von Stalin, in dem das endgültige Ende der Ukrainisierung angeordnet wird. 1938 — Anordnung über die Pflicht zum Erlernen der russischen Sprache in den Schulen aller Republiken und Oblasten. 1958 — Ergänzung des Artikels 20 zu den Grundlagen der Gesetzgebung der UdSSR und der Sowjetrepubliken über die Volksbildung. Russisch ist Pflichtsprache, alle anderen Sprachen sind optional. 1970 — Anordnung zur Verteidigung von Dissertationen, die nur noch auf Russisch möglich sind. 1973 — Verbot der Durchführung von Aktionen im Zusammenhang mit dem Jahrestag des Erscheinens des bedeutenden ukrainischen Werkes „Enejida“ von I. Kotljarevskyj 1978 — „Brezhnew-Zirkular“: Über Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre der russischen Sprache in den Sowjetrepubliken 1983 — Dekret des Zentralkomitees der kommunistischen Partei der Sowjetunion („Andropow-Ukaz“ über weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Erlernens der russischen Sprache in allgemeinen Schulen und anderen Lehranstalten der Sowjetrepubliken. Russisch-Lehrer bekommen Zulagen in Höhe von 16%. 1984 — In der Ukrainischen SSR erhalten Russisch-Lehrer eine Gehaltserhöhung von 15% im Gegensatz zu Lehrern, die andere Sprachen unterrichten 1989 — Dekret des ZK der komm. Partei der Sowjetunion bezüglich der Verankerung der russischen Sprache als allgemeingültige in der Sowjetunion in der sowjetischen Gesetzgebung. 1990 — Verabschiedung des Gesetzes „Über die Sprachen der Völker der Sowjetunion“ durch den Obersten Sowjet, in dem die russische Sprache den Status der offiziellen Amtssprache bekommt.

2014 - Russland tritt erneut in die heiße Phase des hybriden Kampfes gegen die ukrainische Sprache, Kultur und Identität ein. Als Grund wird die vermeintliche „Verfolgung“ von russischsprachigen Menschen in der Ukraine und auf der Krim genannt. Fakt ist, dass Russland über Jahrhunderte mit Verboten, Gewalt, Erpressung, Lächerlich-machen und Versprechungen versucht, die ukrainische Identität auszulöschen und die Ukrainer zu assimilieren. Der Widerstand gegen diese russische Tradition der Expansion und Assimilation betrifft viele Völker und Ethnien und dauert bis heute an…